30 April 2008

Impressionen aus dem Ruhrgebiet


Der härteste Laden der Welt.

14 April 2008

Deutschlandpremiere von Peter and the Wolf


Um viertel nach sieben kommt ein junger Mann mit zwei nicht allzu großen Taschen - dafür aber einer sehr großen Sonnenbrille und einem Ski-Anorak - eine schmucklose Bochumer Ausfallstraße heruntergewandert. Es ist der Red Hunter a.k.a. Peter & the Wolf aus Austin, Texas auf dem Weg zu seinem ersten Deutschlandkonzert in der Goldkante. Noch nicht mal eine Gitarre hat er dabei. Sein einziger Begleiter wird eine Ukulele sein, die er um etwa halb neun - es ist inzwischen dunkel geworden - das erste mal anschlägt.

Ab diesem Moment verstummt unter 50 jungen Menschen für eine Stunde jedes Gespräch. Es herrscht so andächtige Ruhe, dass Red nach einigen Songs hinter dem Mikrofon hervorkommt und unverstärkt in den Raum hineinspielt. "I don't like microphones. Microphones tell lies. They make robots out of us." Der verquere Humor bleibt rätselhaft, auch als er über die deutsche Musikgeschichte spricht, die ja nur ein oder zwei große Namen hervorgebracht habe. Meint er Mozart und Bach oder Kraftwerk und Rammstein? Sein Abschlussplädoyer lässt auf die Robotervariante schließen: "I'm the operator with the pocket calculator". Im weiteren Laufe des Abends kommt es noch zu einigen weiteren Irritationen zwischen Künstler und Zuschauern, so bei der Frage nach Publikumswünschen ("No, that's a Grizzly Bear song. I don't play Grizzly Bear songs."). Auch "Don't Fear the Reaper" von Blue Oyster Cult möchte er nicht spielen.

Der gegenseitigen Zuneigung tut dies keinen Abbruch und am Ende blickt der Red Hunter in ein tatsächlich glückseliges Publikum, das zum Zeugen einer erstklassigen Entstaubung des leidigen Freak-Folk-Mythos geworden war. Unter der Oberfläche des Skurilen waren funkelnde Songperlen zum Vorschein gekommen, die mich an das Pre-Dylan-America und an, ähm, Billie Holiday erinnern. Viele sind der Meinung, dass 5€ Eintritt für solch eine Veranstaltung eindeutig zu wenig sind und kaufen deshalb noch selbstgebrannte und -bemalte CDs. 10€ kosten die, denn der Red Hunter möchte so seine nächste Europatournee (mit Band!!!) finanzieren. Das könnte klappen, denn im Gespräch mit dem Ornithologen erzählt er, dass man nicht viel Geld braucht, wenn man fast nichts besitzt und zwei Taschen für all seine Habseligkeiten genug sind. Wenn man mit soviel Charme, einer großartigen Stimme und so grandiosen Songs gesegnet ist wie Peter and the Wolf, scheint man tatsächlich mit so wenigen Dingen auszukommen. Wir machen uns auf den Nachhauseweg in dem sicheren Wissen, heute nichts weniger als einen denkwürdigen Abend miterlebt zu haben.

Link: Peter and the Wolf - Daytrotter Sessions

20 März 2008

Es ist alles wahr.

Die Fahrradkuriere haben tatsächlich alle fixed gear bikes. Jedes Café hat W-lan und die entsprechenden Leute dazu. Die Schwaben am Prenzlauer Berg werden nun alt und ihre Zähne verfaulen. Und die Leute machen sich mehr Gedanken über das, was sie wollen. Das ist schon gut so. Und der Satz(-ausschnitt) des Tages hat auch recht: "Diese alte Dame Seriösität, der man allzu oft Gehör schenkt". Unterschrieben. Leider keinen Fotoapparillo dabei.

20 Februar 2008

Gretschmann off the rails?


The Notwist haben jetzt also eine Cheerleadergruppe. Außerdem gibt es auf ihrer Website jetzt wöchentlich neue Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer neuen Platte (6 Jahre sind das nun schon, die wir warten). Bisher kann man aber lediglich erkennen, dass Gretschmann der digitalen Bohéme (siehe auch: DigiDigiOverload)angehört. Ansonsten gibt es statt Musik nur eine angestrengte Diskussion über den richtigen Klang eines Sinustones. Dem Grad der Verkopfung würde es inzwischen auch entsprechen, führten die Herren Acher & Gretschmann ihr neues Album nicht auf popmusikalisch banalen Bühnen auf, sondern als musikalische Vertonung einer Tanztheatervorführung. Insofern liegt die moderne Tanzgruppe aus dem Video gar nicht so verkehrt.

18 Februar 2008

Yempa ba ba ba and maybe baby baby too

Awesome Tapes from Africa. Der Name ist Programm: Ein amerikanischer Student hat Kassetten aus Ghana mitgebracht und stellt sie ins Netz. Die Musik ist hauptsächlich der in Ghana heimische
High Life. Der bestand früher vor allem aus Gitarren und Bläserriffs über komplizierten Rhythmen. Seit den 80ern (als Musikinstrumente auf einmal hoch besteuert wurden) kieksen und tröten Synthies heftig mit. Heutzutage ist Hiphop natürlich zum Hauptbestandteil geworden. Alles zusammen zu sehen hier im Video, Kyenkyen bi edi me ewu, einem aufgepimpten alten Highlife Superhit von Alhaji K. Frimpong.

Das Original (60er? 70er?) ist natürlich auch vom Tape gerippt. Hier gilt wie für alle Tapes from Africa: Der Charme entsteht aus dem Lo-Fi-Charakter, der wohl nur teils durch einfachste Aufnahmetechnik zu erklären ist. Schließlich dürften die Awesome Tapes ja oftmals die x-te Überspielung sein, die den Hörer auf dem Marktplatz (sei es online oder vor Ort in Ouagadogou) präsentiert wird. So ist der Hörer von Anfang an vom nasty Weltmusikhörer-Vorwurf befreit und darf unbeschwert auf die Suche gehen.

Mit Leinenhosen, eingeflochtenen Zöpfen und Bio-Äpfeln haben die kenianischen Rapper Wakimbizi ohnehin wenig zu tun. Schon eher damit, Bescheid zu wissen, wo M.I.A. den Diplo seinen Most holen lässt. Track 11 "Honey" und "Baby Baby".

Bei Ata Kak geht die Drehzahl dann noch höher. "It sounds (...) like a warped Prince protege from Africa by way of 1986 Chicago." Yemmpa Aba ist eines der unwahrscheinlichsten Stücke Musik, das jemals den Weg auf Kassette gefunden hat. Denn obwohl das Bizarrometer am Anschlag steht, sieht man sich gezwungen, sofort mitzusingen: Yempa ba ba ba oh ja pa da bada and maybe baby baby too. Wenn man in der U-Bahn Kopfhörer aufhat, wird man dann natürlich für verrückt gehalten. Das ist in diesem Falle aber egal. Denn man möchte auf jeden Fall auf der Seite von Ata Kak stehen.





(Der Stimmenimitator ist übrigens schon seit 2006 begeistert. Aber da hat ja wieder keiner zugehört. Auch lohnenswert: Die Frankfurter Juwelengräber Analog Africa, die süd-ost-afrikanische Gitarrengötter in luxuriöse schwarze Scheiben pressen und der Blog Benn loxo du tacu, der allerdings schon öfters mal daneben langt und ein größeres Toleranzpotenzial erfordert.)

01 Januar 2008

Heute schon in den Spiegel geschaut?


Welches Gesicht war deins im letzten Jahr? Welches wünscht du dir fürs neue?
(Quelle: Jimmy Draht.)

26 September 2007

dokumenta: dokumentiert und bewertet


Junge Frauen klettern artistisch durch ein Netz aus Second-Hand-
Kleidungsstücken und lassen sich oft mit dem Kopf nach unten hängen. Als Unterhaltung verstanden recht unterhaltsam, als Kunst eher armselig.


Eine Eskimofrau (korrekt: eine Innuit) zeichnet einen Eisbären. Sicher aus ethnographischer Sicht interessanter als aus künstlerischer Perspektive. Mir als Ethnograph hat es gefallen.


Ein Wasserfall aus Kerzenwachs. Ein beliebter Hintergrund für Portraitfotografien. Zum Beweis, dass man tatsächlich auf der dokumenta war und sich dort mit "moderner Kunst" auseinandergesetzt hat. Fazit: Als Beweisstück für "moderne Kunst" bestens geeignet.


Eine Teekanne als Denkmal für die von den Nazis verfolgten Schwulen im Dritten Reich? Ich hatte keine Ahnung, was in diesem Kontext die Teekanne zu bedeuten hat. Dabei kann man es auf diesem Entwurf doch deutlich erkennen. Letztendlich schade, dass sowas nicht gebaut wird. In unserer Berliner Republik sind jetzt ja auch erstmal die Soldaten dran. Muss alles seine Ordnung haben.

18 September 2007

Spezialthema: Japaner (Teil2)


Während in den USA eher Hawaii Five-O die Erkennungsmelodie der Surfgitarristen zu sein scheint, muss bei japonesischen Surfgitarristen aller Alterstufen unser alter Ludwig van dran glauben. Schuld daran ist der Vater aller japanesischer Surfmusik, der legendäre Takeshi Terauchi, über den im Okzident aber kaum etwas zu erfahren ist. Dem hilft glücklicherweise der Überblog wfmu.org ab. Dort kann man auch mal nachhören, wie Schubert und Brahms auf Twang umfrisiert werden.

Noch brillanter wird es allerdings, wenn Takeshi sich mit seinen Bunnys (so der Name seiner Begleitband) nicht den deutschen Klassikern hingibt, sondern der japonesischen Volksmusik. "Tukuba Mountain" oder "Komuro Oiwake" heißen meine neuen Lieblingslieder, die der geneigte Leser sich wiederum bei wfmu.org zu Gemüte führen kann.

Ach ja, den anderen Takeshi schau ich mir auch immer wieder gerne an. Einfach den Ton abdrehen und dazu die Surf-Version von "Für Elise" hören, in der eine Fuzz-Rakete nach der anderen gezündet wird. Ich liebe sie, die Japaner.

16 August 2007

Fast schon vergessen: Der Stehblues


Vor dreizehn Jahren Ende August an der Antlantikküste in Frankreich. Das Dorf feiert wie jeden Samstagabend im Sommer ein Fest für die Touristen. Es ist laut, bunt und ein bißchen vulgär. Doch dann kurz vor Schluss. Die Lichter gehen aus. Sanfte Musik lässt die Menschen verstummen und aus dem Nichts heraus strömen Junge und Alte dahin, wo vorher getanzt wurde. Jetzt wird kaum noch getanzt. Trotzdem tun alle irgendwie das gleiche. Einander anfassen.

Sicher wird auch diesen Samstag, dreizehn Jahre später, am selben Ort und zur ungefähr gleichen Zeit genau dasselbe wieder passieren. Wir aber, die in Deutschland Zurückgebliebenen, müssen aufs tiefste bedauern, diese uns seit der frühen Jugend bekannte Kunst des sozialen Austauschs in den letzten zwanzig Jahren sträflich vernachlässigt zu haben, dass sie so vollkommen und ganz und gar aus der Mode gekommen ist. Wir würden hochnotpeinlich erröten, wären wir zu einem Stehblues gezwungen, der schon so weit dem schicklichen Gebaren entrückt ist, dass er uns unziemlich und billig erscheint. Ein Jammer!

11 Juli 2007

Formidable Kunst im Jahr 2007